Im Rausch des Malens

Ich werde öfter gefragt, woher ich immer meine Ideen nehme für meine Bilder und wie lange ich für das Malen von Bildern im Schnitt eigentlich benötige und da ich ja schon so viele Bilder gemalt habe, dass ich ja unglaublich kreativ sein müsste. Viele haben eine relativ romantische und verklärte Vorstellung davon, wie Künstler so arbeiten und leben. Dass sie levitierend und glückselig lächelnd ihre Bilder malen und wie aus dem Nichts heraus etwas erschaffen. Sie meinen, dass ein Künstler eigentlich keine festen Arbeitszeiten hat, und dann einfach malt, wenn ihm der Sinn danach steht und ansonsten dem schönen Leben fröhnt. Und ja, es kann tatsächlich manchmal so sein, dass man strahlend hervorgeht und sich einfach freut, dass etwas erschaffen wurde.

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Aber so leicht gestaltet es sich am Ende dann doch nicht immer.Wie viele andere KünstlerInnen auch unterliege ich unglaublichen Stimmungsschwankungen, enormen Selbstzweifeln, innerer Unruhe und schlaflosen Nächten, wenn es darum geht, dass ein bestimmtes Bild oder mehrere Bilder mich regelrecht auch (nachts) heimsucht(en) und in mir arbeiten. Oftmals bin ich getrieben von einer ungeheuren Kraft, die nichts anderes repräsentiert, als den enormen Schaffensdrang, der sich im Außen materialisieren will, aber manchmal schlichtweg nicht kann. Weil einem die Selbstzweifel möglicherweise alles erschweren oder man gerade eine enorme Lebens- und Sinnkrise hat, sich fragend, wieso man sich eigentlich auf den Weg der Künstlerin begeben hat.

Ich glaube, das kennt jeder, der selbst kreativ, selbst als KünstlerIn unterwegs ist. Egal ob semi- oder professionell, haupt-oder nebenberuflich. Die Krisen gehören irgendwie zum Künstlerdasein dazu. Auch Frustrationen aufgrund von bestimmten äußeren Gegebenheiten wie Ausstellungen, Messen, Kritiken, Erwartungen anderer, Termindruck, usw. oder den inneren Sinnfragen und Versagensängsten.

Seit ich mein Kunst professionell angehe (sprich Ausstellungen gebe, auf Messen zugegen bin, mich bewerbe usw.), bin ich mehr getrieben als je zuvor, denn es geht um Einhalten von Terminen, um Ausstellungsthematiken, um Sichten und Ausmessen von Ausstellungsräumlichkeiten, um bestimmte Mengen von Bildern für bestimmte Räumlichkeiten usw., es geht auch um das Vor- und Nachbereiten von Messen und all dem was es bedeutet und mit sich bringt, wie Flyer, Visitenkarten und Postkarten zu erstellen, drucken zu lassen, einen Katalog herzustellen, neue und weitere Werke zu malen, Pressetexte zu verfassen, Bewerbungen zu schreiben, ggf. die Website anzupassen, auf Socialmedia Plattformen Werbung zu machen, sich Gedanken um Räume zu machen, welche Aufhängungen man nutzt, ob die Bilder ggf. noch gerahmt werden müssen, wie man die Bilder anordnet beispielsweise, u.v.m. All das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.

Etwas worüber die Betrachter, die Gäste, welche zu den Ausstellungen kommen, gar nicht nachdenken (müssen oder sollen).

Wenn ich gerade eine gute Zeit habe, male ich beinahe wie besessen im Akkord Bilder, sie sprudeln aus mir heraus wie Wasser aus einer nicht versiegenden Fontäne.

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Sie wollen auf die Leinwand, sich zeigen, manchmal geht das schnell und manchmal quälen mich bestimmte Bilder auch lange. Ich träume von ihnen, dann lasse ich sie ruhen, decke sie ab oder drehe sie der Wand zu, damit ich sie nicht ansehen muss, ich beschäftige mich dann zwischenzeitlich mit anderen Bildern und daher variiert die Dauer des Malens auch enorm, weil es manchmal eben ein Leichtes ist und manchmal quält sich etwas in die Welt, wie bei einer schweren Geburt. Und so kann es sein, dass ich auch mal 12 Stunden am Stück male, ohne aufzusehen, ohne zu essen und selbstvergessen in den Werken versinke, getrieben wie von einem Rausch, um das fertig zu bekommen, was sich so nach außen drängen will. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich mich nachts aus dem Schlafzimmer schlich um unten im Atelier zu malen und Ideen umzusetzen, die mir den Schlaf raubten. Die einfach keinen Aufschub mehr duldeten.

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Aber es vergehen oft auch Tage und Wochen, an denen ich lediglich am PC hocke und all die Arbeiten tue, um schöne Flyer, Texte, Visitenkarten zu haben, Bewerbungen zu tippen, an meiner Website und meinem Blog zu tüfteln u.v.m. Oft vergisst der Betrachter all dies oder denkt nicht einmal darüber nach, und womöglich ist dies auch gut so, da der Künstler teils regelrechte Qualen erlebt und Zweifel ausficht, Momente, in denen er mit sich ringt, ob er weitermacht als Künstler oder alles schlichtweg hinschmeisst. Der Betrachter weiß auch nicht, dass es eben nicht immer leicht von der Hand geht, sondern die Bilder mit einem „sprechen“ und auch verändert werden wollen, dass es längerer Prozesse beansprucht, Auseinandersetzungen mit sich selbst und dem Bild. Und dass Bilder eben manchmal vielleicht nur Minuten benötigen, um in die Welt entlassen zu werden, aber manchmal eben auch Wochen, Monate oder sogar Jahre. Es ist gut, dass der Betrachter das nicht immer weiß, nicht zwingend fühlen oder sehen kann, wenn er ein Bild betrachtet und das wiederum ist dann das Schöne an der Arbeit, an der Kunst. Er kann sich einfach auf das Bild einlassen, es gefällt ihm oder eben nicht. Und all das was vorher dazu stattgefunden hat tritt vollständig in den Hintergrund und wird immer ein Geheimnis des Künstlers bleiben.

Und um auf den Beginn zurückzukommen und die damit verbundene Frage: woher ich meine Ideen nehme und woraus ich schöpfe. Ich habe manchmal nur Ideen von Ideen, einen Anflug einer Idee, die sich dann meist verselbständigt, ich führe dann aus und weiter, ich nutze natürlich mein Hintergrundwissen zu bestimmten Techniken, und auf dieser Welle reite ich dann weiter, das reine Handwerk wird zum Instrument und die Intuition übernimmt dann von da an das Ruder und tut den „Rest“.

Es ist ein Luxus und auch harte Arbeit intuitiv zu malen, sich eben nicht von Äußerlichkeiten (Messen, Ausstellungen, Pressetexten, Kritiken usw.) verrückt machen zu lassen, sondern weiterhin in sich zu ruhen, seinem eigenen Innern freien Lauf zu lassen und das zu malen, was kommen will, ohne sich um Termine zu scheren, ohne sich hetzen zu lassen und ohne den Mut und den Optimismus zu verlieren, dass sich Menschen finden, die das was man tut wertschätzen können.

Und mit den (ach so wahren) Worten von Pablo Picasso möchte ich schliessen:

„Das schlimmste ist, es ist nie etwas abgeschlossen, es gibt nie den Moment, wo man sagen kann: ich habe gut gearbeitet, und morgen ist Sonntag. Sobald man aufhört, ist es, um von vorn anzufangen. Man kann ein Bild sein lassen und beschließen, nicht mehr daran zu rühren. Aber nie kann man darunter schreiben: Ende.“

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