Montagsgedicht: Tomaž Šalamun

Vandring i mossen | 2018 | Manuela Mordhorst

ROTE BLUMEN

im himmel wachsen rote blumen, schatten im garten
licht dringt von überallher, die sonne ist unsichtbar
ich weiß nicht woher der schatten im garten kommt, der tau im gras
ringsum verstreut große weiße steine um drauf zu sitzen

die hügel ringsum wie auf erden
nur niedriger und mürb anzusehen
ich glaub auch wir sind ganz leicht und berühren kaum den boden
wenn ich gehe scheinen mir die roten blumen ein wenig auszuweichen

mir scheint die luft zu duften, furchtbar kühl und sengend zu sein
ich sehe neue wesen kommen
als legte eine unsichtbare hand sie ins gras
allsamt schön und friedlich und wir sind alle beisammen

manche wirbelt es beim herschweben herum und reißt sie ab
sie verschwinden auf nimmerwiedersehen und ächzen
ich glaube mein körper ist in einem glühenden tunnel
er geht auf wie teig und zerstiebt dann sternwärts

hier im himmel gibt es keinen sex keine hände zu spüren
aber alle dinge und wesen sind völlig beieinander
und streben auseinander um sich noch mehr zu vereinen
farben verdunsten und alle stimmen gleichen einem weichen batzen auf den augen

jetzt weiß ich manchmal war ich ein hahn und manchmal ein reh
ich hatte kugeln im leib dieses jetzt aufreibt
wie schön ich atme
ich hab das gefühl mich bügelt ein eisen und es tut mir nicht weh

(Tomaž Šalamun, 1941 – 2014)

Aus dem Slowenischen von Fabjan Hafner

Weitere Informationen zu seinen Gedichten: RDE?E ROŽE (Tomaž Šalamun)

4 Comments

  1. The poem is impressive–spiritually daring, which I appreciate. But, goodness, I like your own work! As I’ve probably said before, your colors and your textures are fantastic.

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