Artist Talk: Peter ter Mors – Träumer von Zeichnungen

Willkommen lieber Peter,  ich freue mich, dass du an dem Artist Talk teilnimmst und mir und den Leser:innen einige Fragen zu deinen Illustrationen, Grafiken sowie Zeichnungen als auch deinem Schaffensspektrum beantwortest.

Manuela: Wie kamst Du zur Kunst (zu deiner eigenen Kunst)? Gab es ein besonderes Ereignis, das den Ausschlag dafür gegeben hat, um die künstlerische Laufbahn einzuschlagen? Was hat dich bewogen gerade den Bereich des Illustration zu wählen?

Peter: Ich bin aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie mit viel Liebe und Geselligkeit, aber wenig Büchern, Musik oder Kunst. Als ich 10 Jahre alt war habe ich bei einem Freund Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band von The Beatles gehört. Ich hatte damals keine Ahnung, dass es solche Musik gab. Und die ganze Zeit, während die Platte spielte, habe ich das Coverbild von Peter Blake angeguckt und mich darüber gewundert. 

Portraitfoto von Peter ter Mors aufgenommen im Jahr 2023

Später habe ich herausgefunden, dass Peter Blake Künstler und gleichzeitig Illustrator und Grafiker ist. An der Kunstschule AKI in Enschede habe ich mich dann als Künstler beworben. Die meisten Studenten, die Künstler werden wollten, fand ich arrogant. Die Grafiker und Designer mochte ich viel mehr, weil sie viel praktischer waren. Anfang 1984 habe ich meinen Master in Design und Illustration gemacht. In den Niederlanden gibt es dabei ein ‘Rijksgecommiteerde’ der das Examen kontrollieren soll. Bei mir war das Heinz Edelmann, der den Beatles-Film Yellow Submarine gezeichnet hat. Als ich ihn fragte, wie es war mit John und Paul sagte er: ‘Das war einmal.’

Manuela: Seit wie vielen Jahren schon bist du tätig als Illustrator/ Künstler? Berichte doch etwas aus deinem beruflichen Leben.

Peter: Ich habe schon als Student 1983 angefangen zu illustrieren für NRC Handelsblad, eine renommierte Niederländische Zeitung wie die Frankfurter Allgemeine in Deutschland. Später, 1987 habe ich dort auch als Designer gearbeitet und gleichzeitig Illustrationen gemacht. 1995 wurde ich Artdirector für das Algemeen Dagblad und 1997 Artdirector für Elsevier Weekblad, ein wöchentliches Magazin wie Der Spiegel.

Come on, let’s go | Coloured pencil | 28x38cm | 2025 | Peter ter Mors

Ich habe immerhin gleichzeitig auch Kunst gemacht, auf eine spielerische Art. Illustrationen habe ich meistens digital gemacht in Photoshop. 2019 wurde ich gefragt für eine Gruppenausstellung Grafietregen. Da habe ich zum ersten Mal wieder mit Bleistift auf Papier gearbeitet. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich nur noch zeichnen wollte. Letztes Jahr habe ich meinen Job als Art Director gekündigt. 

Jetzt zeichne ich nur noch. Keine Deadlines mehr. Nur noch lustige Linien.

Manuela: Du bist Niederländer und erst kürzlich nach Hamburg gezogen. Wie gestaltet sich dein künstlerisches Leben hier in Deutschland?

Peter: Ich bin gleichzeitig in der Niederlanden und Deutschland beschäftigt. In beiden Ländern ist es nicht einfach einen Platz zu finden und irgendwo seine Bilder zu zeigen. ‘Komm mal vorbei’ heißt es oft. Deutschland und die Niederlande sind nicht so unterschiedlich. Für mich ist die Umstellung von Artdirector zum Künstler größer.

Good Morning! | Coloured pencil | 38x48cm | 2024 | Peter ter Mors

Manuela: Du hast auch Bücher illustriert, bzw. Coverillustrationen gefertigt. Zum Beispiel etliche des niederländischen Autors Adriaan van Dis. Wie kam die Zusammenarbeit hier zustande und wie hat es sich ergeben, dass du immer wieder dessen Buchcover illustriert hast? Wie gehst du hier an eine Covergestaltung heran?

Peter: Tessa van der Waals ist die Designerin, die immer Cover für die Bücher von Adriaan van Dis gestaltet hat. Ich kenne Tessa als Designerin beim NRC Handelsblad und habe ihr mal schon gesagt, dass ich gerne mal ein Coverbild für ein Buch machen würde. Keine Illustration, aber ein autonomes Bild, das passen könnte zu dem Buch. 

Duplo | Pencil | 30x30cm | 2023 | Peter ter Mors

Ich wurde gefragt, ob ich für den Roman Ik kom terug von Adriaan van Dis ein Coverbild machen würde. Der Verlag zweifelte, ob das kommerziell wirken soll, aber Adriaan van Dis war sehr enthusiastisch. Glücklicherweise hat sich das Buch sehr gut verkauft. Danach habe ich dann noch für sechs ältere Romane von ihm ein neues Cover gezeichnet.

Ich habe die Bücher gelesen und auch mit Adriaan darüber geredet und meine Ideen für die Bilder mit ihm geteilt. In allen Fällen sind es autonome Bilder, die Anschluss haben zu dem Buch,  aber keine Illustrationen, die die Erzählung erklären.

Manuela: Was ist für dich der Unterschied zwischen Illustrationen und Kunst?

Peter: Eine Illustration ist meistens Werbung für Ideen von jemand anderem. Das Bild passt zu dem Text und sollte man in einem Blick verstehen. Es soll auch Begeisterung geben, den Text zu lesen. Bei Kunst ist das Bild autonom und darf Fragen stellen. Es kann nachdenklich stimmen, Freude schaffen oder auch böse machen. Das Bild ist selbständig und braucht kein Umfeld.

Say Hi! | Pencil | 28x38cm | 2024 | Peter ter Mors

Manuela: Deine Bilder sind häufig aus der Tierwelt inspiriert und dann mit Graphit/ Buntstiften gefertigt. Sie zeigen sich sehr individuell und ganz eigenwillig. Ich denke da jetzt an Werke wie ‚Come On, Let’s Go‘, ‚Duplo‘, ‚Say Hi!‘, ‚Good morning‘ oder ‚Black Wave‘. Sie wirken teils wie Spiegelbilder des Menschen in seinem täglichen Verhalten und könnten mitunter humoristisch bis kritisch gesehen werden. Was treibt dich hier an so zu zeichnen und was ist die Idee dahinter?

Peter: Ich bin interessiert an Menschen und ich liebe Tiere. Es handelt sich meistens um menschliche Beziehungen und die Verhältnissen in Familien. 

Verhältnisse zwischen Menschen abzubilden geht besser, wenn es Tierformen sind. Das wirkt abstrakter, als wenn es  direkt Menschen selbst sind. Dann denkt man gleich an die Nachbarn oder seine Kollegen. 

Ich bin kein großer Vogelbeobachter, ich kann noch keinen Spatz von einer Merel unterscheiden. Aber ich liebe es, wie die Vögel sich bewegen, fast tänzelnd durch die Luft gehen. Tiere haben einfach mehr Schwung als Menschen.

Digitale Illustration für Buch und Hörbuch Ik kom terug van Adriaan van Dis | 2014

Manuela: Wieviel deiner eigenen Persönlichkeit und deines eigenen Lebens, Umfeld, Menschen usw. finden sich in deinen Zeichnungen und Illustrationen usw. wieder?

Peter: Ein Freund fragte mich, ob ich meine Trennung schon verarbeitet habe. Es gibt oft 2 große Tiere und 2 kleine Tiere in meinen Bildern. 

Going Underground | Coloured pencil | 28x38cm | 2024 | Peter ter Mors

Manuela: Was war Deine schönste Reaktion auf Deine Kunst, die Du bekommen hast?

Peter: Bei einer Illustration über Euthanasie sagte meine Mutter, dass sie das Bild gerne auf ihrer Todesanzeige haben will. Glücklicherweise lebt sie noch!

Manuela: Du erschaffst auch Werke mit Acryl und teils digital, was sind deine Kriterien auszuwählen, mit welcher Art Material du arbeitest?

Peter: Digital ist praktisch, weil man schnell Sachen ändern kann. Es macht aber auch faul. Acryl ist auch praktisch und hat etwas Einfaches, Billiges, was manchmal Charme hat.

Bleistift ist schwierig und man soll geduldig sein. ‘Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit’, sagte Karl Valentin schon. Manchmal muss man sich Mühe machen, bevor die Sachen anfangen zu glänzen. Wenn das passiert, erfahre ich ein großes Glücksgefühl. Es ist sehr meditativ mit Bleistift auf Papier zu streichen und langsam eine Form entstehen zu lassen.

Black Wave | Coloured pencil | 38x56cm | 2024 | Peter ter Mors

Manuela: Wie entstehen deine Werke und wie gehst du an sie heran? Was ist für dich die wichtigste Botschaft in deiner Kunst? Berichte doch ein wenig.

Peter: Meine Skizzen sind sehr grob. Ich fang einfach an mit einer Linie. Und wenn die Linie anfängt zu tanzen, geht’s los. Dann entsteht manchmal ein Bild und dabei kommt dazu eine Idee.

Es soll zuerst Freude schaffen. Und vielleicht Menschen nachdenklich machen. Man darf auch lächeln.

Buster | Acryl | 24x24cm | 2012 | Peter ter Mors

Manuela: Wieviel Zeit widmest Du der Kunst in Deinem Leben?

Ein großer Teil meines Lebens besteht aus Kunst.  Es ist nicht nur Zeichnen, auch Träumen, Wandern und Langweilen ist sehr wichtig. 

Firebird | Digital art | 50x70cm | 2022 | Peter ter Mors

Manuela: Was inspiriert dich, bzw. wie bilden sich deine Ideen für Werke aus?

Peter: Für mich ist kein Unterschied zwischen Highbrow und Lowbrow. Alles zwischen Kunst und Comics, zwischen Literatur und Musik: Saul Steinberg, Joost Swarte, Ever Meulen, Art Spiegelman, Grayson Perry, Henning Wagenbreth, Blexbolex, Tex Avery, Buster Keaton, Jacques Tati, Wes Anderson, Haruki Murakami, David Mitchell, Johan Harstad, Jonathan Coe, Erik Satie, Igor Strawinsky, John Adams, David Bowie, Roxy Music, Kraftwerk und noch viel mehr… 

Milde dood | Digitale Illustration | 40x28cm | 2016 | Peter ter Mors

Manuela: Was tust du, wenn du Inspiration für deine Werke brauchst und gerade nicht weiterkommst?

Peter: Ich glaube nicht an Inspiration. Einfach anfangen zu zeichnen und sich überraschen lassen. Das Zeichnen ist die beste Inspiration. 

Manuela: Was hat dich zuletzt inspiriert?

Peter: Mein Skizzenbuch.

Manuela: Eine Frage, die Dich gerade bewegt

Peter: Wieso will ‘Jeder ein Künstler‘ sein?

Manuela: Was ist Kunst für dich? In 3 Worten!

Peter: Linie, Lust, Liebe. 

Manuela: Woran arbeitest du im Augenblick?

Peter: Ein Deutsches Alphabet. 26 Zeichnungen über komische deutsche Wörter.

Wer weiß wo Wifi wohnt? Ein Kinderbuch über Tiere, die sich verlaufen haben in der digitalen Welt. 

Manuela: Wo kann man dich und deine Kunst in diesem Jahr finden

Peter: Ich beteilige mich am folgenden Gruppenausstellungen:

Manuela: Wo bist du online zu finden?(Linkliste zu Social Media bzw. Homepage)

Peter: Auf meiner Website und auf Instagram

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