Willkommen liebe Lisa, ich freue mich, dass du als erste Illustratorin und Comiczeichnerin unter dem Label ‚La Belleangerie‘ (Die kleine Welt der schönen Dinge), die gar nicht so klein ist- an dem Artist Talk teilnimmst und mir und den Leser:innen einige Fragen zu deiner Kunst beantwortest.
Manuela: Wie kamst Du zur Kunst (zu deiner eigenen Kunst)? Gab es ein besonderes Ereignis, das den Ausschlag dafür gegeben hat, um die künstlerische Laufbahn einzuschlagen? Was hat dich bewogen gerade den Bereich des Illustrierens und Comic-Zeichnens zu wählen?
Lisa: Ich habe schon als Kind sehr gerne gemalt und gezeichnet. Nicht besonders gut, ein Talent war mir nicht in die Wiege gelegt worden 🙂 Aber es diente mir zum Spaß und zur Entspannung.
Ich bin aufgewachsen mit den alten Disney-Klassikern, Asterix und Obelix und Lucky Luke.
Die Trickfilme und Comics motivierten mich, eigene Figuren und Welten zu erschaffen. Einfach nur für mich selbst. Später merkte ich, dass auch andere meine Zeichnungen mochten und es sich lohnte die Zeichnerei ein wenig zu vertiefen. Ich habe schon immer gerne mit Farben gearbeitet, aber das klassische Zeichnen hatte ich bis dahin nie gelernt. Ich habe schon immer gerne Comics gelesen und Animationsfilme geschaut, aber erst auf dem Gymnasium bekam ich mit, dass man das Comiczeichnen erlernen kann und informierte mich darüber. Meine Eltern haben mich in dieser Zeit sehr unterstützt, meinen Traum zu verwirklichen. Ich begann mit verschiedenen Praktika, meist in Werbeagenturen. Diese waren aber leider nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mir wurde sogar gesagt, dass ich kein Talent habe und nie mit meiner Mappe angenommen werden würde in einer Kunstschule. Zu meinem Glück habe ich auf diese eine Person nicht gehört… Online lernte ich dann einen Comiczeichner aus Hamburg kennen. Heutzutage kann man sich das kaum vorstellen, das es so schwierig war, aber damals gab es noch kein social media und auch das Internet war relativ neu. Diesem Comiczeichner habe ich bis heute sehr viel meines Werdegangs zu verdanken. Er schaute sich meine Arbeiten an, motivierte mich am Ball zu bleiben und durchzuhalten auf dem Weg mit meiner Kunstmappe, meinem Portfolio eine geeignete Kunstschule zu finden. Ich wollte unbedingt Comiczeichnen und Illustrationsdesign studieren, da ich gerne analog arbeiten, klassische Zeichentechniken erlernen und nicht zuviel vor dem Bildschirm sitzen wollte. Studiengänge bzw. Kunstschulen für das Comiczeichnen waren rar gesät, aber eine Kunstschule, spezialisiert auf Illustrationsdesign, fand ich schließlich in Hamburg-Bahrenfeld, die Bildkunst Akademie. Hier lernte ich in einem 3-jährigen Studium viele Zeichen-und Maltechniken und beendete das Studium mit meinem ersten eigenen Comic „Peters Heldentat-Auch Elben haben‘s schwer“, welches mit sehr gut ausgezeichnet und kurze Zeit später sogar im BVK Verlag veröffentlicht wurde. Da mich insbesondere das Erstellen von Figuren, das Characterdesign interessierte und es ein Traum war, diese in Bewegung zu sehen, bewarb ich mich nach meinem Studium an der Animation School Hamburg, um dort klassische 2-D Trickfilmanimation zu erlernen. 14 Monate und einen, für den Animation Award nominierten, Abschlussfilm später, war ich ausgebildete 2D Trickfilmzeichnerin. So begann meine Zeit als Illustratorin und Comiczeichnerin.
Manuela: Schon vor und nach deiner Ausbildung an der Bildkunst Hamburg Akademie hast du eine lebendige Vita erarbeitet. Seit vielen Jahren schon bist du tätig als Künstlerin, was würdest du sagen ist der Antrieb in deiner Kunst? Was bewegt dich?
Lisa: Ich denke mein Antrieb ist zum Teil, die Leidenschaft, jeden Tag das zu tun, was ich besonders mag. Zu zeichnen, zu malen, mich mit Comics, Stiften und Materialien zu umgeben. Jeden Tag kreativ sein zu können. Nicht erst nach Feierabend. Seit einigen Jahren ist natürlich auch mein kleiner Sohn mein Antrieb, der mich stets motiviert und es kaum Abwarten kann ein neues Werk von mir zu sehen. Betrachtern, Käufern und Auftraggebern ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern ist ebenfalls mein Antrieb, dabei zu bleiben. Auch wenn es nicht immer einfach ist als freiberufliche Illustratorin.
Manuela: Wie findest du KooperationspartnerInnen, um beispielsweise ein Kinderbuch zu illustrieren oder gemeinsam mit AutorInnen zu arbeiten?
Lisa: KooperationspartnerInnen finde ich auf ganz unterschiedliche Weise. Seit ein paar Jahren bin ich in der glücklichen Situation, gar nicht viel tun zu müssen, um neue Aufträge zu generieren. Meine Auftraggeber kommen auf mich zu. Das sind sowohl Verlage aus dem Kinderbuch-, Brettspiel oder Magazinbereich, aber auch private AutorInnen, die ihr selbst geschriebenes Buch von mir illustriert haben möchten. Eine gut zu findende Homepage und gelegentliche Beiträge auf social media schaden hierbei natürlich nicht, obwohl ich sagen muss, dass ich noch wesentlich mehr teilen könnte, mir aber meist die Zeit dafür fehlt.
Manuela: Du nimmst Auftragsarbeiten an, aber hast auch ganz eigene künstlerische Auseinandersetzungen. Wie gehst du an einen Auftrag heran und wie an eigene, persönlich inspirierte Arbeiten? Was davon machst du lieber?
Lisa: Meine Herangehensweise ist sowohl bei Auftragsarbeiten, als auch bei privaten Arbeiten ziemlich ähnlich. Ich bin sehr strukturiert und organisiert und arbeite gerne mit einem Projektplan, gerade bei größeren Projekten wie z.B. einem Kinderbuch. Ich lese zuerst den Text, mache mir Notizen zu wichtigen Stellen, die sich gut illustrieren lassen, stelle meine Ideen danach dem Autor/der Autorin und dem Verlag vor und sobald die Ideen angenommen sind, erstelle ich mir einen Projektplan mit allen erforderlichen Zeichnungen und natürlich genügend Platz zum Abhaken. Denn gerade bei großen Projekten ist es ein traumhaftes Gefühl am Ende des Arbeitstages etwas abhaken zu können. Danach geht es bei mir an die Recherche zu den einzelnen Illustrationen. Bestimmte Posen, Designs, Kleidungsstücke, Epochen und Welten werden von mir mit eigenen kleinen Moodboards zusammengefasst. Danach geht‘s ans Skizzieren, meist digital an meinem Wacom Tablet, da sich hier schneller Dinge korrigieren lassen. Nach der Abnahme der Entwürfe setze ich mich an die Reinzeichnung und Koloration des Ganzen. Meine liebste Arbeit 🙂 Diese mache ich meist analog mit Stiften, Farben und Pinsel. Bei privaten Projekten läuft es ähnlich ab, da spare ich mir lediglich das Feedback des Kunden und bin frei im Thema und der Umsetzung.
Es ist schwierig zu sagen, was ich lieber mache. Wahrscheinlich sind es meine privaten Arbeiten,
da ich hier freier arbeiten kann, nicht auf bestimmte Stile und Vorgaben festgelegt bin und mich freier „entfalten“ kann. Aber die Auftragsarbeiten ermöglichen mir meine Miete, deswegen versuche ich auch hier meine Freude am Zeichnen und Malen beizubehalten und mittlerweile kann ich meist in meinem gewünschten Stil arbeiten. Das genieße ich sehr.
Links: Deadpool | fanart 2024 | Lisa Stachnick Rechts: Wolverine | fanart 2024 | Lisa Stachnick
Manuela: Hast Du künstlerische Vorbilder? Wenn ja, wen/welche?
Lisa: Ja, natürlich habe ich künstlerische Vorbilder. Angefangen mit Albert Uderzo (Asterix), sowie den Nine old men von Disney, begeistern mich heute Zeichner wie Alessandro Barbucci, Gustavo Duarte, Skottie Young, Munuera, Brett Bean und Aaron Blaise. Tim Burton hatte zu Beginn meines Zeichner Daseins großen Einfluss auf meinen Stil. Seine Figuren mit extrem langen Armen und Beinen, den zackigen Kringeln und schrägen Proportionen.
Manuela: Wieviel Zeit widmest Du der Kunst in Deinem Leben?
Lisa: Ich würde sagen, nahezu 100%. Wenn ich nicht selber zeichne oder male, lese ich gerne Comics, schaue Trickfilme, gehe ins Kino oder in Ausstellungen, shoppe in Läden für Zeichenbedarf, male gemeinsam mit meinem Sohn, plane schon mein nächstes Bild oder streiche einen Schrank, eine Wand oder auch den Gartenzaun… Ganz ohne Kunst und Kreativität bin ich eigentlich nie.
Manuela: Hast Du ein Anliegen das Du mit Deiner Kunst verfolgst?
Lisa: Mein größtes Anliegen ist es mit meinen Bildern Freude zu schenken. Den Betrachter zum Lachen oder Schmunzeln zu bringen oder besser gesagt, überhaupt eine Emotion in ihm/ihr auszulösen.
Manuela: Was inspiriert dich, bzw. wie bilden sich deine Ideen für Werke aus?
Lisa: Inspiration für meine Kunst finde ich überall um mich herum. Meine Ideen kommen mir am häufigsten, wenn ich draußen in der Natur bin und mein Kopf frei ist. Aber auch beim Fahrrad fahren oder morgens im Bett schießen mir verschiedenste Ideen für weitere Bilder in den Kopf.
Am meisten passiert das, wenn ich gar nicht auf der Suche nach Inspiration und neuen Ideen bin.
Um nicht alles zu vergessen habe ich ein ganzes Buch voller Ideen, die ich irgendwann mal angehen möchte, wenn Zeit dafür ist 🙂
Manuela: Wieviel deiner eigenen Persönlichkeit und deines eigenen Lebens, Umfeld, Menschen usw. finden sich in deinen Zeichnungen, Comicfiguren usw. wieder?
Lisa: Wahnsinnig viel würde ich sagen. Es lässt sich gar nicht vermeiden, eigene Wesenszüge, Einstellungen und Vorlieben mit einzubringen, wenn man eine eigene Figur entwickelt. Daher spiegelt sich auch immer ein Stück meiner Persönlichkeit in meinen Characterdesigns wieder.
Ich gestalte meine Charaktere gerne gut gelaunt, strahlend und sympathisch, es sei denn dies ist vorab nicht erwünscht. Genau dieses Feedback erhalte ich sowohl zu meinen „Sympathiefiguren“, meinen Characterdesigns, als auch zu meiner Person. Ein bisschen Ähnlichkeit steckt daher glaube ich in jeder meiner Figuren, aber am offensichtlichsten ist glaube ich die zu meinen kleinen Mädels, die abenteuerlustigen, frechen, sympathischen, gerne rothaarigen, mit Sommersprossen (obwohl ich gar keine habe). Sie tragen Knickerbocker und Stulpen an den Beinen. Hier sehen gerade Freunde und Bekannte oftmals eine kleine Spiegelung meiner selbst.
Auch wenn dieses gar nicht immer beabsichtigt ist.
Links: Mini Lissy | 2021 | Lisa Stachnick Rechts: Joker WIP | 2024 | Lisa Stachnick an ihrem Werk
Manuela: Was war Deine schönste Reaktion auf Deine Kunst, die Du bekommen hast?
Lisa: Oh…daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Das war die Reaktion, die ich von Johannes Weigel bekam, dem Autor des Kinderbuches „Lisas Geschichten“, in welchem Buch es nicht um mich geht. Aber das ist ein anderes Thema… Oftmals verlaufen sich private Anfragen von AutorInnen im Sand, da für Privatpersonen mein Honorar für ein Kinderbuch oft zu hoch ist.
Johannes Weigel trat an mich heran, vor gar nicht allzu langer Zeit, ebenfalls mit dem Wunsch, seine geschriebene Geschichte über die kleine Lisa und ihre Familie zu illustrieren. Dass die Hauptfigur Lisa hieß war nur ein weiteres Zeichen dafür, dass wir unbedingt zusammen arbeiten
sollten. Aber die Reaktion, die mich am meisten beeindruckt hat, war seine auf mein Honorar.
Denn er schrieb, mein Honorar sei völlig angemessen für meine künstlerische Tätigkeit, denn „wer im Feinkostladen einkauft, darf an der Kasse keine Aldipreise erwarten“.
Manuela: Was tust du, wenn du Inspiration für deine Werke brauchst und gerade nicht weiterkommst?
Lisa: Mich zieht es meist nach draußen in die Natur. Am liebsten bin ich in meinem Garten oder noch lieber im Wald. Da kommt die Inspiration von ganz alleine. Oder aber, ich lege einfach mal eine Pause ein, lese ein Comic oder schau einen Film. Am wichtigsten ist, dass ich mich nicht unter Druck setze. Ideen kommen nicht immer auf Knopfdruck, sondern dann, wenn sie es möchten.
Manuela: Eine Frage, die Dich gerade bewegt
Lisa: Mich beschäftigt, wie so viele meiner Zeichnerkollegen, natürlich auch die Frage , inwiefern wir Kreativen von KI ersetzt werden in der Zukunft. Auch wenn ich bis jetzt noch keine großen Jobeinbußen durch KI hatte, schlummert in mir doch ein wenig die Angst Aufträge nicht zu bekommen, da sie lieber kostengünstiger über KI generiert werden. Ich hoffe dennoch, gerade mit meinen klassisch gemalten Bildern, dem entgegen zu wirken. Denn Pinsel und Stift kann noch keine KI der Welt ersetzen bzw. so gut nutzen wie ein Zeichner 🙂
Manuela: Was hat dich zuletzt inspiriert?
Lisa: Zuletzt inspiriert hat mich mein Sohn Semyon. Seine größte Leidenschaft sind Dinosaurier und das Zeichnen von Dinosauriern und so kam ich nicht umhin für meine aktuelle Ausstellung auch eine kleine Serie der eindrucksvollen Kreaturen in Acryl zu malen.
Links: T-Rex | 2024 | Lisa Stachnick Rechts: Dylophosaurus | 2024 | Lisa Stachnick
Manuela: Was ist Kunst für dich? In 3 Worten!
Lisa: Freude, Kreativität, Leidenschaft
Manuela: Woran arbeitest du im Augenblick?
Lisa: Momentan arbeite ich am letzten Band, dem 6. Band aus der Fantasy-Kinderbuchreihe „Timi Travel“, in Zusammenarbeit mit dem fairyland Verlag. Damit endet erstmal die fantasievolle Geschichte um den kleinen Jungen Timi und seiner Freundin Romina Redfox in der Welt Newelia.
Eine wunderschöne, farbenfrohe Fantasy-Reihe zum Selbstlesen ab der 2. Klasse.
Manuela: Von welchem Projekt „träumst“ du?
Lisa: Ich träume davon, irgendwann die Neuauflage meines ersten Comics „Peters Heldentat-Auch Elben haben‘s schwer“ beenden zu können. Ich hatte bereits 2021 eine Ausstellung im Stadtmuseum Wedel zu diesem Werk, mit Characterdesigns und den ersten fertigen Comicseiten.
Bis jetzt habe ich es leider noch nicht geschafft, daran weiterzuarbeiten, geschweige denn es zu
beenden, da sich immer Auftragsarbeiten dazwischen schieben, die ich natürlich dankend annehme. Aber mein Traum ist es, irgendwann mein altes Werk in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.
Manuela: Wo kann man dich in diesem Jahr finden (auf welchen Ausstellungen/ Messen/ Kunsttagen….)
Lisa: Momentan läuft noch meine Ausstellung „KUNTERBUNT“ im Rathaus Wedel bis zum 09.10.2024. Zu den gängigen Öffnungszeiten kann man über 2 Ebenen über 130 meiner Originale sehen.
In Zusammenarbeit mit Faber Castell wird man mich vom 11.-13.10.2024 auf der Polaris Messe in
Hamburg antreffen können oder auch am 26.09.2024 beim Lichterfest in Othmarschen oder am
18./19.10. bei Stackmann in Buxtehude.
Manuela: Wo bist du online zu finden?(Linkliste zu Social Media bzw. Homepage)
Homepage: www.lisastachnick.de
facebook: labelleangerie oder lisastachnick
instagram: @lisastachnick
Vielen lieben Dank für die Einladung zu diesem Interview, Manuela 🙂