Der Engel im Walde
Ich aber traf ihn nachmittags im Wald.
Ein Wunder, das durch Buchenräume ging,
So menschenfern, so steigend die Gestalt,
Dass blaue Luft im Fittich sich verfing;
Das Antlitz schien ein reines, stilles Leid,
Sehr sanft und silbrig rieselte das Haar,
In großen Falten schritt das weiße Kleid.
Er schaffte nichts, er sagte nichts; er war.
Und nichts an ihm, was schreckte, was verbot,
Und dennoch: keines Sterbens Weg genoss,
Daß meine Lippe, ob auch unbedroht,
Erstaunten Ruf, die Frage stumm verschloss.
Ein Blatt entwehte an sein Gürtelband,
Vergilbt und schon ein wenig kraus gerollt;
Er fing und trug es in der schmalen Hand
Wie ein Geschenk aus Bronze und aus Gold.
Wer sah ihm zu? Das Eichhorn, rot am Ast,
Und Rehe, die das Buschwerk schnell verlor.
Und Erlen wanden schon im Abendglast
Wie schwarze Schlangen züngelnd sich empor.
Er regte kaum die dünne Blätterschicht
Mit weichem Fuß. Er hatte ewig Zeit
Und zog: wohin? In Stadt und Dörfer nicht;
Er wallte außer aller Wirklichkeit.
Nicht unsre Not, nicht unser armes Glück,
Nur keusche Ruhe barg sein Schwingenpaar
Ich folgte nach und stand und blieb zurück.
Er brachte nichts, er sagte nichts: er war.
(Getrud Kolmar, 1894-1943)
Das gefällt mir sehr gut. Was sind das für Keramik-„Backenzahn-Perlen“? 🙂
Lustig! Das ist tatsächlich gebrannter Ton 😉
Hihi, das hat bestimmt Spaß gemacht, die alle zu formen. 🙂
Ich sehe, du bist amüsiert 😉 ja Spass ist relativ, aber es war eine Menge Arbeit und sehr meditativ.