Tipp: Áimmuin – im MEK Berlin

Bei Schnuppe von Gwinner sah ich in ihrem Blog den Hinweis auf diese bestimmt sehr interessante Ausstellung in Berlin, die noch bis zum 7.Januar 2025 zu sehen sein wird.

„Das MEK Berlin beherbergt eine der größten und bedeutendsten sámischen Sammlungen außerhalb Nordeuropas. Ihre Anfänge gehen auf die Königlich Preußische Kunstkammer zurück. Der größte Teil wurde zwischen 1880 und 1929 im Auftrag des Museums für Völkerkunde (heute Ethnologisches Museum) zusammengetragen. Sie entstand somit größtenteils im kolonialen Kontext außereuropäischer ethnologischer Sammlungen.

Sámisches Kulturerbe und „Nordischer Kolonialismus“

Die Sámen sind die einzige indigene Bevölkerung Europas. Ihre Heimatregion Sápmi erstreckt sich über die nördlichen Teile Norwegens, Schwedens, Finnlands und die Kola-Halbinsel der Russischen Föderation. Im Zuge des „Nordischen Kolonialismus“ seit dem 16. Jahrhundert wurden die Sámen marginalisiert und viele einer starken Assimilationspolitik ausgesetzt. Ihre kulturellen Traditionen und Sprachen ebenso wie ihr praktisches und spirituelles Wissen wurden unterdrückt bzw. zerstört. Gleichzeitig wurden im/materielle Ausdrucksformen ihrer historischen und zeitgenössischen Kultur gesammelt und auf Museen in ganz Europa und Nordamerika verteilt. Sámische Kultur wurde als das „tribale Andere“ Europas klassifiziert und exotisierend ausgestellt.

Exotisierende Zurschaustellung sámischen Kulturerbes in Halle a.d. Saale. Fotograf: Franz Dubbick 1925, VIII Eu 7594 © Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen

Zu sehen sind die Samin Inger (Inker) Anni Magga beim Bandweben, im Hintergrund die Kinder Iisko und Jooseppi Magga mit ihrem Vater Heikki Magga, sowie Piera Magga und der Junge Hannes Kitti (v. r.).

Bestand am MEK

Die sámische Sammlung umfasst rund 1.000 3D-Objekte aus dem 17. bis 21. Jahrhundert. Sie sind mit Blick auf Material, Gebrauch und Bedeutung sehr heterogen und vorwiegend den Bereichen Alltagskultur und Handwerk (duodji) zuzuordnen. Hinzu kommen Zeichnungen, Kupferstiche, Gemälde sowie um die 670 historische Fotografien.

Eintrag „[2.] 3. / Zwei Lappländische Zaubertrommeln – Lappland“ sowie „5. / Ein Runenkalender von Holz – Lappland“, Inventar „II. Europa“ (Ausschnitt) © Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen / Ute Franz-Scarciglia 2013

Zu den ältesten Objekten der Sammlung zählen zwei Schamanentrommeln (goavdát/gievrieh). Für viele Sámen sind solche Trommeln von großer spiritueller und kultureller Bedeutung. Die historische Beschlagnahmung und das Verbrennen der meisten Trommeln im Zuge der (Zwangs-)Christianisierung wird heute als Symbol für die Kolonisierung Sápmis und damit als Beginn von Bevormundung und Unterdrückung wahrgenommen.

Ládjogahpir (Hornmütze), 18. Jahrhundert, II C 968 © Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen / Christian Krug 2018

Das MEK beherbergt außerdem vier sogenannte Hornmützen von Frauen (ládjogahpirat), die aufgrund eines religiös begründeten Trageverbots im 19. Jahrhundert in Sápmi heute nicht mehr getragen werden. Ihre Wiederentdeckung in den europäischen Sammlungen löste insbesondere bei jüngeren sámischen Frauen großes Interesse aus, was zu mehreren Publikationen, künstlerischen Projekten und einer erneuten Produktion der ládjogahpirat führte.

Kollaborative Forschung

Abgesehen von den Trommeln und den Hornmützen ist die sámische Sammlung bislang kaum erforscht worden. Namen und Beschreibungen stammen oftmals noch aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Indigene Bezeichnungen oder Gebrauchskontexte fehlen meist, Ortsangaben sind mitunter falsch oder vage. Auch die Geschichte, unter welchen Umständen die Objekte ins Museum kamen, ist nahezu unerforscht. Das MEK hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Sammlung in Zukunft stärker zu erforschen und sichtbarer zu machen. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit den sámischen Kulturerbegemeinschaften (heritage communities).

Die einzelnen Objekte und Werke der sámischen Sammlung Sammlungen Online, dem Online-Portal der Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin abrufbar. (Quelle: MEK)

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